Günter Redl, HTBLuVA Mödling

Ein Mechanikbeispiel

Mathematische Inhalte:

è Darstellung von Funktionen als Wertetabellen
è Begriff der Iteration
è lineare Funktionen
è Integrieren von Potenzfunktionen
Kurzzusammenfassung:
Ein Mechanikbeispiel wird auf 2 Arten gelöst:
a) exakt mit Hilfe der Integralrechnung
b) näherungsweise durch Iteration.
Lehrplanbezug:
3. Jahrgang, Integralrechnung
Zeitaufwand:
eine Doppelstunde
Mediales Umfeld:
Als Software eignet sich grundsätzlich jedes Tabellenkalkulationsprogramm. Die beiliegenden Arbeitsblätter samt den Diagrammen wurde mit EXCEL 4.0 erstellt. Bei diesem Programm ist der integrierte Diagrammassistent besonders hilfreich!
Für das selbstständige Arbeiten mit der Datei sind EXCEL Grundkenntnisse notwendig. Zum raschen Nachschlagen empfehle ich
Volker Reher: Schnellübersicht MS-Excel 4.0; Verlag Markt und Technik.
Anmerkungen:
Ein ähnliches Beispiel wurde von Koll. Kliment in der letzten AMMU Aussendung behandelt.
1. Aufgabenstellung

Die folgende Aufgabe wurde im Mechanikunterricht eines 4. Jahrgangs der höheren Abteilung für Maschinenbau gestellt. Die Klasse ersuchte mich während einer Mathematikstunde um Hilfe. Die Schüler waren einfach nicht in der Lage, die Aufgabenstellung zu "mathematisieren". Es zeigt sich immer wieder, daß das Umsetzen eines Problems in ein mathematisches Modell gar nicht oft genug geübt werden kann. In diesem Bereich liegt eine große Herausforderung für jeden Mathematiklehrer / jede Mathematiklehrerin.

 

Hier endlich die eigentliche Aufgabe:

Ein Körper bewegt sich mit v0 = 10m/s; die Beschleunigung nimmt linear von 4 m/s2 innerhalb von 3 s auf den Wert 0 m/s2 ab. Ermittle das s-t Diagramm.

 

Die exakte Lösung:

Zeit ... t, Weg ... s, Geschwindigkeit ... v, Beschleunigung ... a

Die notwendigen Formeln können als bekannt vorausgesetzt werden:

                sowie                

1. Schritt:

Aufstellen der Funktionsgleichung für die Beschleunigung:
Von eine linearen Funktion ist der Punkt (0/4) (Zeitpunkt t = 0; Anfangsbeschleunigung = 4m/s2) sowie die Steigung -4/3 (Abnahme der Beschleunigung auf 0 innerhalb von 3 s) bekannt.
2. Schritt: Berechnung der Geschwindigkeit durch Lösen des Integrals:
3. Schritt: Berechnung des Weges durch Lösen des 2. Integrals:
 
Die iterative Lösung:

Die Zeitspalte:

Sie beginnt bei 0 und wächst um das Zeitintervall D t. Die Spalte für die Beschleunigung: Sie beginnt bei 4 und fällt um 4/3 D t. Die Spalte für die Geschwindigkeit: Innerhalb eines kleinen Intervalls kann die Änderung der Geschwindigkeit näherungsweise durch "Beschleunigung * Zeit" bestimmt werden. Der Startwert ist 10. Die Spalte für den Weg: Ähnlich wie bei der Geschwindigkeit gilt näherungsweise "Geschwindigkeit * Zeit = zurückgelegter Weg". Der Startwert ist 0.  
t a v s
t0 = 0 a0 = 4 v0 = 10 s0 = 0
t1 = t0 + D t a1 = a0 - 4/3D t v1 = v0 + a0 D t s1 = s0 + v0 D t
t2 = t1 + D t a2 = a1 - 4/3D t v2 = v1 + a1 D t s2 = s1 + v1 D t
t3 = t2 + D t a3 = a2 - 4/3D t v3 = v2 + a2 D t s3 = s2 + v2 D t
  usw.    
 
2. Das Arbeitsblatt

Das Arbeitsblatt wurde so gestaltet, daß die Anfangswerte im Eingabebereich beliebig variiert werden können. Damit ist ein Experimentieren möglich. Ferner sind beide Lösungen enthalten. Zusätzlich wurden zwei Vergleichsspalten angelegt.
Ausgehend vom Arbeitsblatt können nun die verschiedensten Diagramme erzeugt werden.
Bei den Beispielen habe ich aus Platzgründen in der Tabelle jede zweite Zeile versteckt. Aus diesem Grund steigt wächst die Zeitspalte um das doppelte Zeitintervall!

3. Vorschläge für den Unterricht:

Die folgenden Punkte sind keine vollständig ausgearbeiteten Unterrichtsvorbereitungen. Sie sollen lediglich als Anregung dienen.

Lineare Funktionen:

Das Aufstellen der Funktionsgleichung für die linear abnehmende Beschleunigung wäre ein praktisches Anwendungsbeispiel für lineare Funktionen. Wertetabellen von Funktionen: Die Spalten "Geschwindigkeit iterativ" und "Weg iterativ" könnten als Beispiel dafür dienen, daß Funktionen durch Wertetabellen gegeben sind. Durch Varieren des Zeitintervalls können auf Knopfdruck beliebig viele neue Datenmengen erzeugt werden. Ein Vergrößern der Tabelle durch Einfügen neuer Zeilen und Kopieren der Formeln wäre ebenfalls denkbar. Die zugehörigen Kurven werden automatisch aktualisiert. Integrieren von Potenzfunktionen: Hier liegt die Lösung der ursprünglichen Aufgabe. Mit Hilfe des Arbeitsblattes kann den Schülern sehr schön der Zusammenhang Integral - Summe unendlich kleiner Teile visualisiert werden. Man muß nur das Zeitintervall so klein wählen, daß die Werte in den Spalten für die Unterschiede fast 0 annehmen. Weitere Diskussionspunkte: 1) Was passiert, wenn die Beschleunigung den Wert 0 erreicht ? (Extremwert bei der Geschwindigkeit, Wendepunkt bei der Wegkurve)   2) Was bedeutet eine negative Beschleunigung ? (Abbremsen, Geschwindikeit sinkt, Weg - Kurve wird flacher)   3) Was passiert bei und nach der Nullstelle der Geschwindigkeitskurve ? (Extremwert beim Weg, der Körper beginnt sich zurückzubewegen)