Friedrich Kliment, HTBLA Klagenfurt, Mössingerstraße

Schwingungsverhalten einer Feder

Mathematische Inhalte:

Lineare Differentialgleichungen zweiter Ordnung mit konstanten Koeffizienten.
Kurzzusammenfassung: Es sollen alle möglichen Lösungsvarianten einer linearen Differentialgleichung zweiter Ordnung mit konstanten Koeffizienten anhand des Verhaltens einer Autofeder untersucht werden. Alle Schwingungsgleichungen werden graphisch dargestellt. Lehrplanbezug: 4. Jahrgang: Elektronik, Elektrotechnik, Maschinenbau: Differentialgleichungen Zeitaufwand: 2 Doppelstunden Mediales Umfeld: verwendete Medien: Demonstrationsrechner
verwendete Software: DERIVE Version 2.51
Dateien zum Herunterladen:
KF-SCHW1.MTH - KF-SCHW2.MTH- KF-SCHW3.MTH- KF-SCHW4.MTH- KF-SCHW5.MTH- KF-SCHW6.MTH
Vor dem Laden dieser Dateien mit TRANSFER/LOAD/DERIVE ist mit TRANSFER/LOAD/UTILITY die Datei ODE2.MTH zu laden.
Didaktische Überlegungen: Schüler meiner Abteilung verwenden Differentialgleichungen zweiter Ordnung zum Lösen von elektromagnetischen Schwingungszuständen. Die Idee besteht darin, ein mechanisches Analogon zu bieten, das anschaulicher und damit wesentlich leichter zu begreifen ist. Die Analogie der entsprechenden physikalischen Größen findet man im Lehrbuch [2]. Ich halte es nicht für notwendig, nach der mechanischen Aufgabe auch noch zahlreiche elektromagnetische im Mathematikunterricht zu behandeln. Das gedankliche Rüstzeug zur Lösung von Problemen in den Fachgegenständen wird den Schülern bereitgestellt.

Die Aufgabe zerfällt in mehrere Teilaufgaben und eignet sich daher für Gruppenarbeit.

Aufgabenstellung: Eine Autofeder wird durch das Gewicht des Autos (3000 N pro Rad) um 5 cm verformt. Die Feder wird weitere 5 cm verformt und zur Zeit t = 0 s sich selbst überlassen. Die Schwingungsgleichung ist aufzustellen und ihr Graph zu zeichnen !

Fall 1: Zuerst wird das Verhalten der Feder für den ( theoretischen ) Fall völliger Nichtdämpfung untersucht.

Dann wird die Feder durch einen Stoßdämpfer gedämpft:

Fall 2: Der Stoßdämpfer soll gerade ausreichend sein, das heißt, daß sich der aperiodische Grenzfall einstellt.

Fall 3: Der Stoßdämpfer ist nun mehr als gerade ausreichend.

Fall 4: Der Stoßdämpfer ist kaputt. Sein Dämpfungsvermögen reicht nicht für ein aperiodisches Abklingen aus.

Fall 5: Der Stoßdämpfer wird entfernt. Die Dämpfung der Feder kommt durch innere Reibung zustande: Der Dämpfungsfaktor ist klein.

Fall 6: Autofeder und Stoßdämpfer werden auf einer Rüttelvorrichtung durch eine periodische Kraft mit der Frequenz f = 2/s und dem maxialen Wert F_max = 1200 N zu einer Schwingung gezwungen.

Der Wert des Dämpfungsfaktors des Stoßdämpfers im Fall 2 ergibt sich aus der charakteristischen Gleichung zu l = 8485,29 kg/s. Für die anderen Fälle wurde der Dämpfungsfaktor willkürlich gewählt. Er muß nicht wahren Werten entsprechen.

 
Physikalische Grundlagen:

Die Summe aller an der Feder auftretenden Kräfte ist null:
Für die ungedämpfte Feder folgt daraus und aus dem Grundgesetz von Newton sowie dem linearen Kraftgesetz:

Für den Fall von Dämpfung wird die Gleichung um die Kraft l*y' erweitert, da vorausgesetzt wird, daß die dämpfende Kraft proportional zur Geschwindigkeit ist:
.
Im Fall 6 schließlich wird die Feder zu einer Schwingung gezwungen, die Summe aller Kräfte ist gleich der erregenden Kraft F_err, die Differentialgleichung ist inhomogen:
 
.
Lösen von Differentialgleichungen 2. Ordnung mit DERIVE:

Nach dem Aufruf von DERIVE laden wir ( am besten mit Transfer Load Utility ) die Hilfsdatei ODE2.MTH ( Ordinary Differential Equations 2. Order ).

Die Eingabe

DSOLVE2(f, g, s, x, C1, C2)
und der anschließende Befehl Simplify lösen die Differentialgleichung
nach der Variablen x, wobei die Integrationskonstanten mit C1 und C2 benannt werden.
( Es ist diese Vorgangsweise einzuhalten, abweichend von der im Handbuch angegebenen ! )
Angewendet auf die Aufgaben löst daher
DSOLVE2(l/m, k/m, 0, t, C1, C2)
die homogenen und
DSOLVE2(l/m, k/m, F_err/m, t, C1, C2)
die inhomogene Differentialgleichung nach der Variablen t.

Ausführung:

Fall 1: Dieser Fall wird exemplarisch vollständig vorgeführt. Die Vorgangsweise ist in Kursivschrift erläutert.
 
1: "Autofeder ungedämpft" Eingabe von Text
2: "Parameter:"
3: m := 300 Zuweisen der Parameter
4: k := 60000
5: DSOLVE2 (l/m, k/m, 0, t, C1, C2) Eingabe der Differentialgleichung,
Lösen mit Simplify
6: C1 COS (14.1421 t) + C2 SIN (14.1421 t) Schwingungsgleichung
7: "Anfangsbedingungen einsetzen: y(0) = 5, y’(0) = 0"
8: 5 = C1 COS (14.1421 t) + C2 SIN (14.1421 t) Mit 5 = #6 wird der Funktionswert der Schwingungsgleichung gleich 5 gesetzt
9: 5 = C1 COS (14.1421 0) + C2 SIN (14.1421 0) Mit Manage Substitute wird der Wert von t gleich 0 gesetzt
10: 5 = C1 soLve löst die Gleichung
nach der Variablen C1.
    d 
11: ¾ (C1 COS (14.1421 t) + C2 SIN (14.1421 t))
    dt
Calculus Differentiate der Zeile 6 und Simplify liefert die Ableitung der 
Schwingungsgleichung
12: 14.1421 C2 COS (14.1421 t) - 14.1421 C1 SIN (14.1421 t)
13: 14.1421 C2 COS (14.1421 0) - 14.1421 5 SIN (14.1421 0) Wieder wird mit Manage Subsitute
t gleich 0 gesetzt und mit soLve die Gleichung nach C2 gelöst, DERIVE ergänzt
dabei den fehlenden Funktionswert als 0.
14: C2 = 0
15: "Schwingungsgleichung daher:"
16: 5 COS (14.1421 t) + 0 SIN (14.1421 t) Mit Manage Substitue werden in der 
Schwingungsgleichung die Werte für C1 und C2 
eingesetzt und mit Simplify vereinfacht.

17: 5 COS (14.1421 t)

Schwingungsgleichung

Man erkennt an #17, daß sich entsprechend der Anfangsbedingung eine cosinus-förmige Schwingung mit der Amplitude 5 cm einstellt. Ihr w ist 14,1421/s gemäß der Formel .

Mit Plot öffnen wir ein Graphikfenster und zeichnen den Graphen mit einem weiteren Plot:

 

Mit Scale wurde eine passende Achsenskalierung erzeugt.
In der Stellung des Cursors kann man eine Information verpacken, in diesem Fall ist es die Periodendauer T=0,44s.

Alle weiteren Fälle wurden auf gleiche Weise mit DERIVE gelöst, es wird aber nicht mehr der vollständige Lösungsweg angegeben.
Im allgemeinen ergibt das Einsetzen der Anfangsbedingungen ein lineares Gleichungssystem in C1 und C2, welches mit [ Gleichung 1, Gleichung 2 ] eingegeben und mit soLve gelöst wird.

Fall 2 ( Grenzfall ):

1: "Stoßdämpfer gerade ausreichend (Grenzfall für l = 8485.29)"

2: "Parameter:"

3: m := 300

4: k := 60000

5: l := 8485.28

6: DSOLVE2(l/m,k/m, 0, t, C1, C2)

     -14.1421 t
7: e            (C1 + C2 t)

8: "Anfangsbedingungen einsetzen"

11: 5 = C1

17: C2 = 70.7107

18: "Schwingungsgleichung daher:"

     -14.1421 t
19: e           (5 + 70.7107 t)

Die Schwingungsgleichung hat die Gestalt des aperiodischen Grenzfalls.

 

An der Stellung des Cursors erkennt man, wann die Auslenkung auf 10% abgesunken ist.

Fall 3: Für eine mehr als ausreichende Dämpfung wird l = 12000 kg/s angenommen.

1: "Stoßdämpfer mehr als ausreichend (Annahme: l = 12000 )"

2: "Parameter:"

3: m := 300

4: k := 60000

5: l := 12000

6: DSOLVE2(l/m, k/m, 0, t, C1, C2)

       -5.85786 t      -34.1421 t
7: C1 e          + C2 e

8: "Anfangsbedingungen einsetzen ( y(0) = 5,y’(0) = 0 )"

11: 5 = C1 + C2

16: 0 = - 5.85786 C1 - 34.1421 C2

17: [5 = C1 + C2, 0 = - 5.85786 C1 - 34.1421 C2]

18: [C1 = 6.03553, C2 = -1.03553]

19: "Schwingungsgleichung daher"

             -5.85786 t              -34.1421 t
20: 6.03553 e          + (-1.03553) e

Die Gestalt der Schwingungsgleichung weist nun darauf hin, daß sich wieder ein aperiodischer Vorgang einstellt.

An der Stellung des Cursors erkennt man, daß die Auslenkung in 0,42 s auf 10% zurückgeht. Man vergleiche diesen Wert mit dem für den ausreichenden Stoßdämpfer! Die Schüler waren überrascht, daß bei stärkerer Dämpfung die Auslenkung langsamer zurückgeht!

Fall 4: Für nicht ausreichende Dämpfung setzen wir willkürlich l = 6000 kg/s.

1: "Stoßdämpfer kaputt (Annahme: l = 6000 )"

2: "Parameter:"

3: m := 300

4: k := 60000

5: l := 6000

6: DSOLVE2 (l/m, k/m, 0, t, C1, C2)

    -10 t
7: e     (C1 COS (10 t) + C2 SIN (10 t))

8: "Anfangsbedingungen einsetzen: y(0) = 5, y’(0) = 0"

10: 5 = C1

16: C2 = 5

17: "Schwingungsgleichung daher:"

     -10 t
18: e     (5 COS (10 t) + 5 SIN (10 t))

Man erkennt an #12, daß der Vorgang nun nicht mehr aperiodisch verläuft.

 

 

An der Stellung des Cursors erkennt man, daß sich nun auch eine Amplitude von 0,22 cm auf der anderen Seite ereignet.

Fall 5: Für geringe Dämpfung, hervorgerufen durch die innere Reibung der Feder, setzen wir l = 1500 kg/s.

1: "Autofeder, gedämpft durch innere Reibung (Annahme: l = 1500)"

2: "Parameter:"

3: m := 300

4: k := 60000

5: l := 1500

6: DSOLVE2(l/m, k/m, 0, t, C1, C2)

    -5 t/2
7: e      (C1 COS (13.9194 t) + C2 SIN (13.9194 t))

8: "Anfangsbedingungen einsetzen: y(0) = 5, y’(0) = 0"

11: 5 = C1

16: C2 = 0.898026

17: "Schwingungsgleichung daher:"

     -t/2
18: e    (5 COS (13.9194 t) + 0.898026 SIN (13.9194 t))

 
 

An der Stellung des Cursors erkennt man, daß die Periodendauer wieder 0,45 s beträgt.

DERIVE gibt also die Gleichung einer schwach gedämpften Schwingung in der Gestalt

.
Formt man um zu
,
das ergibt
,
so kann man auch die Dämpfungskurve  zeichnen.

Für die Schüler überraschend ist meist, daß sich die Periodendauer einer gedämpften Schwingung während des Schwingungsvorgangs nicht ändert. Im Graphen erkennt man an der Stellung des Cursors, daß sich die zweite Amplitude zur Zeit 0,90 s = 2 * 0,45 s ereignet.

Fall 6: Für Autofeder und Stoßdämpfer auf einer Rüttelvorrichtung nehmen wir den Stoßdämpfer mit der ausreichenden Dämpfung, also l = 12000 kg/s. Es sei darauf hingewiesen, daß nun andere Anfangsbedingungen zu verwenden sind ! Die Amplitude hängt nun von der Dämpfung und der Erregerfrequenz ab und ergibt sich im Verlauf der Rechnung, sie darf nicht als Anfangswert der Auslenkung verwendet werden (F_max siehe Seite 2).

1: "Erzwungene Schwingung. Annahme: Erregerfrequenz = 2 Hz"

2: "Parameter:"

3: m := 300

4: k := 60000

5: l := 12000

6: omega := 4 pi

7: F := 1200

8: DSOLVE2(l/m, k/m, F*SIN(omega*t)/m, t, C1, C2)

       -5.85786 t      -34.1421 t
9: C1 e          + C2 e

                                          -4
   - 0.00790234COS(12.5663 t) + 6.61648 10   SIN (12.5663 t)

10: "Anfangsbedingungen einsetzen: y(0) = 0, y’(0) = 0"

13: 0 = C1 + C2 - 0.00790234

18: 0 = - 5.85786 C1 - 34.1421 C2 + 0.00831451

19: [0 = - 5.85786 C1 - 34.1421 C2 + 0.00831451, 0 = C1 + C2 - 0.00790234]

20: [C1 = 0.009245, C2 = -0.00134266]

21: "Schwingungsgleichung daher:"

              -5.85786 t            -34.1421
22: 0.009245 e          - 0.001343 e         -

                                              -4
    - 0.00790234 COS (12.5663 t) + 6.61648· 10   SIN(12.5663 t)

 

 

Man erkennt, daß sich nach einem Einschwingvorgang eine periodische Funktion einstellt. Die Amplitude ist an der Stellung des Cursors ersichtlich.

Literaturverzeichnis:

[1] DERIVE Handbuch

[2] SCHALK 4